Stockholm–Ein paar Stunden auf Stora Fjäderholmen.

Geschrieben von: Administrator
Sonntag, den 26. Februar 2012 um 13:49 Uhr

Wenn man in Stockholm einfach nur mal ein paar Stunden Auszeit nehmen möchte – wobei sich der Großstadttrubel sowieso in Grenzen hält – sollte man mal einen Besuch auf einer der kleinen Schäreninseln der Stadt in Betracht ziehen. Etwa die kleine Inselgruppe der Fjäderholmarna, deren Hauptinsel Stora Fjäderholmen ist. Früher wurden die Fjäderholmarna auch “Little Britain” genannt, da man sich die Lage so besser einprägen konnte. Stora Fjäderholmen = England, Ängsholmen (damals noch aus zwei Inseln bestehend) war Irland und Schottland. Wales existierte zumindest in der schwedischen Wahrnehmung nicht ;)

Die Inselgruppe liegt nur etwa 10km östlich der Altstadt (Gamla Stan) und ist in 20min per stündlich verkehrender Fähre erreichbar – allerdings nur im Sommer (30. April – 4. September, außerhalb nur mit Charter- oder Privatboot). Die Fähre der Strömma Kanalbolaget legt am Strömkajen ab, direkt zwischen dem Königlichen Schloss und der Grand Hotel, eine Einzelfahrt kostet derzeit 110 Kronen.Als Alternative kann man ab Slussen oder Nacka strand die Fjäderholmslinjen benutzen.

stockholm_anleger

Auf dem Hinweg sieht man dann backbord (in Fahrtrichtung links) zuerst die vorwiegend mit Museen bebaute Insel Skeppsholmen, dann die winzige Insel Kastelholmen und dann der schon auf Djurgarden liegende Vergnügungspark “Gröna Lund”. Es folgenden die hübsch anzusehenden Häuser von Djurgarden, die schließlich immer kleiner und feiner werden…

stockholm_djurgarden

…bis man an der zweitgrößten Fjäderholmarna-Insel Ängsholmen vorbeikommt:

stockholm_ängsholmen

Und dann ist man schon am Ziel: Die ehemals als Militärsperrgebiet ausgewiesene Insel Stora Fjäderholmen. (Große Fjordinsel).

stockholm_fjaederholmenanleger

Sie hat nur etwa 10 permanente Einwohner, im Sommer sind es etwa 20. Deren Briefkästen liegen der Einfachheit halber direkt am Anlegesteg.

stockholm_fjaederholmen_briefkasten

Die größten Anziehungspunkte für Einheimische sind das Restaurant “Fjäderholmarnas Krog”, das wunderschön direkt an der östlichen Inselspitze liegt, die Rökeriet und die beiden Cafes Systrarna Degen Mat och Glasstuga und Röda Villan. Falls man in den Restaurants am Abend essen möchte, ist eine Reservierung angebracht.

stockholm_fjaederholmen

Gleich gegenüber vom Krog wurde an den alten Bootsanlegern (Krogviken) ein wirklich hübsches und sehenswertes Fischer- und Bootsmuseum eingerichtet (kostenlos), in dem man sich restaurierte und nicht restaurierte Boote sowie altes Werkzeug in Ruhe anschauen kann.

stockholm_fjaederholmen_bootsmuseum

Das Fässchen im Boot deutet übrigens auf den im 19. Jahrhundert wichtigsten Wirtschaftszweig der Inseln hin: Schnapstourimus. Der später durch seinen “Absolut Vodka” bekanntgewordene Lars Ohlsson Smith schlug auf der damals nicht zum Stockholmer Stadtgebiet gehörenden Insel riesige Mengen seines fuselarmen Wodkas um – sehr zum Missfallen der gemeindeeignen Stockholmer Destillerien mit ihrem dürftigen Schnaps. Es entspann sich durch die Stockholmer Strafzölle, den einen oder anderen Sabotageakt und die fortwährende Umgehung des Zolls ein regelrechter Wodkakrieg. Unnötig zu erwähnen, dass der Unternehmer durch seine vielen “Kunden”, die direkt mit den firmeneigenen Booten zur Insel kamen – ähnlich der deutschen “Butterfahrt” - steinreich und zum “Brännvinskungen” (Schnapskönig) wurde.

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Eines der Bootshäuser wurde mit mächtigen Hechtschädeln verziert:

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Nachdem in den 1980er Jahren die Insel vom schwedischen Militär aufgegeben wurde – eine rostige Bofors 40mm FlaK steht noch auf einem Granithügel an der Ostspitze – wurde sie ersteinmal gründlich saniert. Der Munitionsbunker im Granitfelsen wird seitdem zur Lagerung von Fässern des schwedischen Edelwhiskeys von Mackmyra genutzt.

In die oberirdischen Schuppen zogen kleine Kunsthandwerker ein, darunter Glasbläser, Keramiker, Grafiker, Kunstschmied und Weber/Färber. Man bekommt z.B. in dieser Kunstgalerie wirklich hübsche Tuschezeichnungen und Aquarelle mit Stadtansichten schon geschmackvoll gerahmt für wenig Geld. Die Leute sind außerdem überaus freundlich und eigentlich immer für einen Plausch zu haben.

stockholm_galleri_fjaederholmarna

Klettert man Mitte/Ende Juni auf den großen Granithügel im Süden/Südosten, ehemals Standort des Ende der 30er abgerissenen vornehmen Belvederen Restaurants, wird man außerdem Dutzende brütende Vögel beobachten können. Neben den allgegenwärtigen Silber- und Lachmöwen brüten auch Seeschwalben und Wildgänse auf dem etwas unzugänglichen Hügel. Natürlich darf man den kleinen und großen Piepmätzen nicht zu nah auf die Pelle rücken, um sie nicht unnötigen Stress auszusetzen. Mit viel Ruhe, einem langen Teleobjektiv oder einem guten Fernglas kann man aber problemlos die Vögelchen beobachten:

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Die kleine Sprotte war innerhalb von Sekunden in der kleinen Möwe verschwunden:

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Eine brütende Seeschwalbe:

stockholm_seeschwalbe

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Die beiden kleinsten Inseln, Libertas (die mit dem kleinen Leuchtturm) und Rövarns holme sind übrigens während der Brutzeit Vogelschutzgebiet, das Betreten ist streng verboten.

Die imposante Eiche steht am Westrand der Insel.

stockholm_fjaederholmeneiche

Ein Anlegetau am Steg.

stockholm_fjaederholmentau

Ansonsten gibt es auf der Insel noch einen Grillplatz, mehrere schöne Plätzchen zum Picknicken – Tip: einfach in der Stadt z.B. in einem ICA-Supermarkt ein paar leckere Fisch- und Krabbensachen einkaufen und sich hier dann ausbreiten. Mit etwas Glück erwischt man dann noch eine Probe des örtlichen Gesangvereins als musikalische Untermalung :)

Das letzte Boot zurück geht um 0:00 Uhr, man darf sich also bei allem Zeit lassen und insbesondere das fantastische Licht am Abend genießen.

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Aktualisiert ( Sonntag, den 26. Februar 2012 um 13:49 Uhr )